Im späten 19. Jahrhundert veröffentlichte der amerikanische Anwalt und Schriftsteller Ingersoll Lockwood mehrere Kinderbücher, die zunächst wie harmlose Fantasiegeschichten wirkten, heute aber für erstaunliche Parallelen zur Gegenwart sorgen. Die bekanntesten Titel sind:
- Travels and Adventures of Little Baron Trump and His Wonderful Dog Bulger (1893)
- Baron Trump’s Marvelous Underground Journey (1893)
- und das spätere Buch The Last President (1896)
In diesen Büchern geht es um einen hochintelligenten, eigenwilligen Jungen namens Baron Trump, der in einem prunkvollen Schloss lebt und in abenteuerliche Reisen aufbricht. Besonders auffällig ist der Untertitel von Marvelous Underground Journey: Baron Trump begibt sich in eine unterirdische Welt, geführt von einem mysteriösen Mentor namens Don, und begegnet seltsamen Kulturen, Prüfungen und Rätseln.
Was heute Aufmerksamkeit erregt, sind die verblüffenden Namen und Motive: Baron Trump, Don als Mentor, ein Junge aus einem mächtigen Haus, der die Welt erkundet. In den Augen mancher Beobachter sind dies frappierende Parallelen zu Donald Trump und seinem Sohn Barron, zu familiären Strukturen, Machtpositionen und den späteren politischen Ereignissen in New York. Auch The Last President beschreibt die Wahl eines Außenseiters, der die Nation spaltet, Proteste auslöst und für soziale Unruhe sorgt – ein Szenario, das auf die gegenwärtige US-Politik seltsam aktuell wirkt.
Trotz dieser Parallelen muss man zunächst betonen, dass Lockwoods Werke Kinderbücher und politische Fiktionen ihrer Zeit waren. Namen wie „Baron“ waren in der Literatur üblich, Don ein normaler Vorname, politische Unruhen im New York der 1890er-Jahre ein realer gesellschaftlicher Hintergrund. Die frappierenden Ähnlichkeiten zu heutigen Ereignissen lassen sich also als Zufall interpretieren.
Doch wenn man diese Geschichten in einen größeren Kontext setzt, eröffnen sich tiefere Fragestellungen über Zufall, Vorsehung und Wahrnehmung. Was, wenn wir die Zeit nicht linear erleben, sondern nur so wahrnehmen, weil unser Bewusstsein eine Dimension der Realität nicht erfassen kann? Physiker und Philosophen sprechen seit langem von der „Blockzeit“ oder dem „Blockuniversum“. Nach dieser Vorstellung existieren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig, und der Eindruck, die Zeit fließe linear, ist lediglich ein Produkt unseres Bewusstseins, das Schritt für Schritt durch die Ereignisse wandert.
Ein anschauliches Beispiel ist das bekannte Gedankenexperiment mit zweidimensionalen Wesen: Sie könnten nur Schicht für Schicht durch eine dreidimensionale Welt navigieren, während wir Menschen sie sofort in ihrer Gesamtheit überblicken. Übertragen auf unsere Wahrnehmung von Zeit: Wir erleben Vergangenheit und Zukunft nur sequenziell, obwohl alle Ereignisse „da“ sind – wie Schichten in einem großen Datensatz.
Hier schließt sich die Brücke zur Simulationstheorie: Wenn unsere Realität das Produkt eines komplexen Systems wäre – einer Art Computersimulation – wäre lineare Zeit genau das, was wir erleben, weil die Simulation in Frames berechnet wird. Alles existiert bereits im Code, aber unser Bewusstsein wird nur mit einem Frame pro Berechnungszyklus versorgt. Zufälle, Echos und überraschende Übereinstimmungen könnten dann keine echten Zufälle sein, sondern Resonanzen innerhalb der Struktur, Manifestationen eines bereits vorprogrammierten Datensatzes, den wir nur teilweise sehen.
Wenn man Lockwoods Bücher aus dieser Perspektive betrachtet, erscheinen die Parallelen zu unserer Gegenwart auf eine neue Weise interessant: Vielleicht sind sie reine Zufälle, vielleicht psychologische Archetypen, vielleicht Hinweise auf tiefere Strukturen der Realität, die wir nur scheibchenweise wahrnehmen. Ob es sich um bloßen Zufall oder um ein Muster in der Struktur von Zeit und Wirklichkeit handelt, bleibt offen – und genau diese Offenheit ist es, die Lockwoods Geschichten bis heute faszinierend macht.
Man kann also zweierlei lesen: auf der einen Seite unterhaltsame Kinder- und Jugendbücher, die Abenteuer, Humor und Fantasie bieten; auf der anderen Seite eine Art Spiegel unserer Wahrnehmung, der Fragen nach Zeit, Zufall und kausalen Zusammenhängen aufwirft. Vielleicht ist die größte Faszination der Baron-Trump-Bücher gerade, dass sie uns dazu bringen, über unsere Realität nachzudenken – über die Illusion linearer Zeit, über die Art, wie wir Zufälle deuten, und über die Möglichkeit, dass alles, was wir erleben, nur ein Ausschnitt einer viel umfassenderen Struktur ist.
Ob Lockwood selbst eine Ahnung von solchen philosophischen Dimensionen hatte oder ob es sich schlicht um eine Reihe bemerkenswerter Zufälle handelt, lässt sich nicht sagen. Die Bücher über Baron Trump bleiben rätselhaft – als Kinderliteratur, als politische Allegorie und als Ausgangspunkt für Überlegungen, die weit über das 19. Jahrhundert hinausreichen.
Und genau das macht sie heute so faszinierend: Sie fordern uns heraus, nicht nur Geschichten zu lesen, sondern auch die Grundlagen unserer Wahrnehmung von Zeit, Zufall und Wirklichkeit in Frage zu stellen. Ob wir die Ereignisse der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft linear verstehen oder nur als kleine Ausschnitte einer größeren Struktur sehen, bleibt jedem Leser selbst überlassen.





























